Woher kommen sie? SUDAN und SÜDSUDAN
Woher kommen sie? Sudan und Südsudan
Der Raum wurde voll und voller, 40 Menschen wollten etwas erfahren über den Sudan, ehren- und hautamtlich Engagierte in der Begleitung geflüchteter Menschen. Ein Wunsch, den die Referentin des Abends, Marina Peter, seit über 30 Jahren exzellente Kennerin des Sudan, mehr als erfüllte.
„Den Sudan“ als einheitliches Land mit einheitlicher Kultur und Sprache gäbe es eigentlich gar nicht, so Marina Peter, und habe es auch vor der Unabhängigkeit des Südsudan in 2011, nie gegeben. Die Größe des Sudan sei vergleichbar mit Westeuropa, die Vielfalt noch um einiges größer. Über 90 verschiedene Völker seine im Sudan zuhause, mit ebenso vielen Sprachen, Kulturen und Traditionen. Zum Ende der Kolonialzeit hätten die Kolonialmächte Grenzen am Reißbrett gezogen und das westliche Nationalstaatsprinzip, wie in vielen Ländern Afrikas, auch auf den Sudan übertragen. Ein Grundkonflikt zwischen dem Norden und dem Süden des Sudan habe sich seit Staatsgründung durch die Geschichte des Landes gezogen. Der Norden sei zum großen Teil wüstenartiges Region und von arabischstämmigen Völkern besiedelt, der Süden dagegen sei reich an Rohstoffen, vor allem Öl, außerdem fruchtbar und von schwarzen Völkern bewohnt. Sei der Norden vorwiegend muslimisch, wären die Menschen des Südsudan mehrheitlich Christen, missioniert von westlichen Missionsgesellschaften, die ihre Missionsgebiete nach verschiedenen Volkszugehörigkeiten aufgeteilt hätten. So sei das Christentum im Südsudan oft sehr ethnisch ausgerichtet, was das miteinander erschwere und auch innerhalb des Südens zu Konflikten untereinander führe.
Begehrlichkeiten um diese Rohstoffe, aber auch die alte Geschichte miteinander, in der der Süden lange Zeit das Reservoir für Sklavenhandel war, dazu Machtgelüste einzelner und Interessen ehemaliger Kolonial und neuer Großmächte befeuerten die Konflikte. So herrschte im Sudan seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1956 bis 2005, als beinahe 50 Jahre, Krieg zwischen dem Norden und dem Süden, unterbrochen nur von kurzen Friedenszeiten.
Der lange Befreiungskampf des Südens führte schließlich 2011 zur Unabhängigkeit und Staatsgründung des Südsudan. Der Tag der Staatsgründung, so erinnert sich Marina Peter, die bei der Unabhängigkeitsfeier dabei gewesen war, sei voller Hoffnung auf eine bessere Zukunft gewesen. Die Ernüchterung folgte schon nach kurzer Zeit. Die neue Regierung, alles ehemalige Freiheitskämpfer, kaum ausgebildet und schlecht vorbereitet für die neuen Aufgaben sei völlig überfordert gewesen. Das viele Geld, das von ausländischen Staaten und Organisationen, oft gut gemeint, ins Land geflossen sei, habe die Korruption gefördert, wenig von dem Geld sei wirklich den Menschen zu Gute gekommen. Viele im Friedensabkommen zwischen dem Norden und dem Süden nicht geregelte Konflikte seien mit großer Wucht ausgebrochen, Rivalitäten verschiedenen Volksgruppen, zuvor angesichts des Feindes im Norden im Hintergrund, hätten nun zu blutigen Kämpfen im Südsudan geführt.
Die Lage sowohl im Sudan als auch im Südsudan sei katastrophal. Der Norden werde seit 1989 vom dem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesuchten Diktator Al Bashir regiert. Im Süden herrsche an vielen Orten Krieg.
Hoffnung für den Sudan sehe sie aber in den friedlichen Demonstrationen, die es seit sechs Monaten nicht nur in Karthum sondern an vielen dezentralen Orten des Sudan gäbe. Die Menschen wollten eine andere Regierung.
Für den Süden sähe sie Hoffnung in unzähligen kleinen Projekten der Trauma-Bewältigung und der Versöhnung, die vielerorts an der Basis zu finden seien. Die Menschen seien kriegsmüde.
Wie lange es allerdings dauere, bis sich die Situation bessere, sei allerdings nicht vorherzusagen. Nur „dass es eines Tages besser sein würde, davon bin ich zutiefst überzeugt“ – mit diesen Worten beendete Marina Peter den eindrucksvollen Abend
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