Arabische geflüchtete Jugendliche in Deutschland

Arabische geflüchtete Jugendliche in Deutschland

Zum dritten Mal als Referentin zu Gast bei der EEB Braunschweig war Dr. Dunja Sabra, dieses Mal mit dem Fokus auf die Situation geflüchteter arabischer Jugendlicher, sei es als unbegleitete Minderjährige oder mit ihrer Familie Geflüchtete.

Dunja Sabra stellte die Höhen und Tiefen des Ankommens-Prozesses vor, der je nach Alter und Bildungsgrad auch noch in unterschiedlichen Zeiträumen verlaufe. Kinder und Jugendliche bewältigten die verschiedenen Phasen dieses Kulturschocks schneller als ihre Eltern, was dann innerfamiliär zu Schwierigkeiten führe. Eltern verlören ihren Status als Respekts- und Autoritätspersonen. Ehrenamtlich Engagierte müssten immer im Blick behalten, dass die Eltern einbezogen und für Aktivitäten und Entwicklungsschritte ihrer Kinder gewonnen werden müssten. Keinesfalls sollte es zu einem Bündnis Ehrenamtliche und geflüchtete Kinder oder Jugendliche gegen die Eltern kommen.

Dunja Sabra gelang es in lebendiger und eindrucksvoller Weise Verständnis für die Unterschiedlichkeit der –individualistischen – deutschen Kultur und der – kollektivistischen – arabischen Kultur zu wecken. Die Akkulturation, also gegenseitiges Verständnis für die Kultur des jeweils anderen, dauere Jahre und sei für die neu Hinzugekommenen eine Mammutaufgabe, die Geduld und noch Jahre andauernde Begleitung erfordere. Dabei seien die sichtbaren Kulturunterschiede nur die Spitze des Eisbergs, der größere und zum Verständnis wesentliche Teil z.B. der Werte, Haltungen, der Machtdistanz und den religiösen Glaubensvorstellungen, sei unsichtbar und müsse durch ständiges sich gegenseitig Mitteilen vermittelt werden.

So hätten auch scheinbar gleiche Begriffe oft einen unterschiedlichen kulturellen Inhalt. Nur Erklärungen mit Begrifflichkeiten genügten also nicht, wenn diese mit unterschiedlichen Erfahrungshintergründen gefüllt würden, sprächen die Partner aneinander vorbei. Beide Seiten müssten in ein Gespräch darüber kommen, was sie mit Begriffen verbinden.

Auch der Unterschied einer auf Schuld und Entschuldigung basierenden Kultur in Deutschland und einer Schamkultur in der arabischen Welt, die den Gesichtsverlust kenne und in der auf Fehlverhalten eine Ausgleichsreaktion erfolge, die den Täter die Folgen des Fehlverhaltens am eigenen Körper spüren ließe, führe zu gravierenden Fehlinterpretationen und Fehlbewertungen.

Das A und O sei die Kommunikation, die allerdings nicht belehrend sein dürfe sondern in gegenseitigem Respekt und Interesse an der anderen Kultur „Wie ist das denn bei Euch? Bei uns ist es so…“ geschehen müsse. Ihre grundsätzlichen Überlegungen reicherte Dunja Sabra mit unzähligen Beispielen aus ihrer langjährigen Praxis als „Vermittlerin zwischen den Welten“ an. So erzählte sie beispielsweise von einer arabischen Mutter, die alleinerziehend mit drei erwachsenen Söhnen und einer 12jährigen Tochter nach Deutschland geflohen sei und schließlich ihre erste Wohnung in einem Mehrfamilienhaus bezogen habe. Ausgehend von den Gepflogenheiten ihrer Kultur, backte sie Kuchen, putzte die Wohnung, zog sich und die Kinder festlich an und wartet auf die Nachbarn, die doch sicher in den nächsten Stunden nach dem Einzug kommen würden, um sie und die Kinder willkommen zu heißen. Nach drei Tagen des Wartens auf die Nachbarn gab sie enttäuscht auf. Erst als sie in einer interkulturellen Fortbildung verstanden hatte, dass hier in Deutschland sie sich hätte auf den Weg machen, bei den Nachbarn klopfen, sich vorstellen und sie hätte einladen müssen, hat sie verstanden was geschehen war. Keine Ablehnung der ausländischen Nachbarn, sondern ein kulturelles Missverständnis.

Viele solcher anschaulichen Anekdoten und Beispiele würzten den Abend, der erst kurz nach 22 Uhr endete und die 20 Teilnehmenden mit wertvollen Anstößen für ihren Umgang mit arabischen Jugendlichen auf dem Heimweg gehen ließ.

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