Japan: Hiroshima – Fukushima – Olympia 2020
Hiroshima – Fukushima – Olympia 2020
Es war ein weiter Bogen, den Dr. Andreas Singler, Journalist und Japanologe, seines Zuhörenden im Gemeindesaal der Katharinenkirche präsentierte.
Mit eindrucksvollen Bildern, Zitaten und Statistiken machte er deutlich, warum wohl Japans Regierung immer noch an der Atomenergie festhält. Und das trotz der Erfahrungen der tödlichen Folgen sowohl der militärischen als auch der zivilen Nutzung, Folgen die Hunderttausende von Japaner*innen erleiden mussten.
Die Grundlage, so Andreas Singler, legte das „Atoms for Peace-Programm der USA, das in den 50er Jahren die zivile Nutzung der atomaren Energie als Weg in einer goldene Zukunft pries, eine Sichtweise, die von japanischen Politkern und Wirtschaftsleuten gerne übernommen wurde (und die auch in Deutschland gängig gewesen sei, man denke nur an den Atomminister Franz-Josef Strauß). Atomkraft sei, so die Sicht des Ministerpräsidenten Japans, Hatoyama Ichiro Mitte der fünfziger Jahre, eine „weitere Sonne“, Japan habe das Recht auf die Nutzung der atomaren Energie als „Land, das getauft wurde von der Asche des Bikini-Atolls“.
Die Nutzung der Atomtechnologie, so Andreas Singler, sei für Japan zugleich eine Abschreckungsmöglichkeit gegenüber Korea, China, Japan und Russland. Zwar sei Japan keine Atommacht, habe aber das Knowhow um relativ schnell eine Bombe zu bauen. Das könne potentielle Feinde abschrecken, Japan anzugreifen. Dieses Argument wurde gerade wieder im November 2017 vom ehemaligen Verteidigungsminister angeführt.
So sei es vielleicht doch nicht so verwunderlich, dass die Regierung Japans auf Atomenergie setze und gerade versuche, die atomare Katastrophe von Fukushima so schnelle wie möglich vergessen zu machen. Die Olympischen Spiele seine dafür eine willkommene Möglichkeit, den „Wiederaufbau“ zu präsentieren. Die Spiele würden als „Wiederaufbau“-Spiele für Fukushima missbraucht – eine These, für die Singler viele Belege brachte. Grenzwerte würden willkürlich nach oben geändert, Strahlenwerte falsch (zu niedrig) angegeben, Menschen unter Druck gesetzt, in die ehemals gesperrten Gebiete zurückzukehren. Die Strecke des olympischen Fackellaufs sei bewusst durch die Präfektur Fukushima geplant worden, alles um der Welt zu zeigen, dass alles wieder in Ordnung sei. Riesige Berge schwarzer Säcke mit verstrahlten Erde, die auch heute noch in der Nähe der Laufstrecke und einiger in Bau befindlicher Wettkampfstätten lagerten, sprächen eine deutlich andere Sprache.
Ob es keinen Widerstand dagegen gäbe, so die Frage aus dem Publikum. Doch, so Andreas Singler, der Widerstand sei seit Jahren enorm, er habe dazu geführt, dass es bisher nur 17 AKWs gäbe während 34 geplante Anlagen verhindert worden seien. Die eindeutige Mehrheit der Japanischen Bevölkerung sei dafür, aus der Atomenergie auszusteigen. Auch gegen die Olympischen Spiele als „Wiederaufbau“-Spiele gäbe es massive Proteste.
Von diesem Widerstand in Deutschland und überall zu berichten, dazu hätten ihn viele Japanische Freunde aufgefordert. Eine Bitte, der er an diesem Abend in der Katharinengemeinde eindrücklich nachgekommen ist.
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